ANOMALIER: Richard Wilhelmer Was bedeutet „normal”? Wer hat die Deutungshoheit, psychologische Messlinien zu definieren? „Die ganze Diagnostiziererei ist eine Behinderung”, meint etwa Fritz Joachim Rudert, Initiator des „Lehrstuhls für Wahnsinn” und Philosoph mit unfreiwilliger Psychiatrieerfahrung. ANOMALIE begleitet Rudert und seine MitstreiterInnen und vollzieht dabei eine filmische Suchbewegung, die sich dem Zusammenhang zwischen Gesellschaftspolitik und psychiatrischer Diagnose widmet.
Regisseur Wilhelmer lässt im Wechsel ForscherInnen wie Gerhard Roth, Elizabeth Loftus oder Allen Frances zu Wort kommen. Der Film versammelt Positionen aus der Experimentalpsychologie, aus den Neurowissenschaften oder zu ganzheitlichen Therapieansätzen. Zentraler Knotenpunkt, an dem die Fäden auseinander- und wieder zusammenlaufen, ist die Konstruktion der Diagnose.
Zwischen die Sequenzen schieben sich Bildmontagen, nicht weniger kontrastreich als das Gesagte: Oberflächen symmetrischer Architekturen, labyrinthische Gänge einer stationären Einrichtung und flächige Aufnahmen blubbernder Gewässer. Eine Stimme aus dem Off legt sich darüber und verweist mit fragmentierten Foucault’schen Denkfiguren auf Hospitalisierungs- und Machtdiskurse. (aus: diagonale.at) Österreich 2018; Regie: Richard Wilhelmer; Buch: Richard Wilhelmer & Daniel Haingartner; Kamera: Serafin Spitzer; Schnitt: Alexander Murygin; Sprecherin: Anja Stadlober; Mitwirkende: Fritz Joachim Rudert, Gerhard Roth, Elisabteh Loftus, Allen Frances u.a.; (DCP; Farbe; 82min; deutsch-englische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).
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