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Keine Spielzeit in dieser Woche




OH BOY

R: Jan Ole Gerster

Kaffee, schwarz! Die junge, zur freundlichsten Bedienung bereite Frau antwortet mit einem irritierten Blick. Niko bekräftigt, dass er einfach nur normalen schwarzen Kaffee wolle. Offenbar hat sein Wunsch in diesem Coffeeshop etwas Befremdliches. Hier gibt es den Kaffee mit allerlei exotischen Flavors, mit Magermilchschaum oder Sojamilch und die mit schwäbischem Akzent sprechende Frau zeigt sich sichtlich gekränkt, dass Niko die grandiose Vielfalt ihres Angebots missachtet.
Kaffee und Zigaretten: Die magischen Essenzen für großstädtische, existenzialistische Exerzitien. Von einem solchen Exerzitium erzählt OH BOY – und zeigt Berlin als Metropole, in der sich eine Generation in der Melancholie der Bohème verlieren kann. Das erzählt viel über eine Stadt, in der viele Menschen ein Leben ausprobieren, das oft ins Leere führt. Und es ist oft schwer, diese Leere mit Romantik zu füllen.
Niko ist Ende Zwanzig, ein zurückhaltender, höflicher junger Mann, ein Träumer, ein Unentschiedener, einer, dem das Leben irgendwie zwischen den Fingern zerrinnt. Er lebt in Berlin und hat vor zwei Jahren das Jurastudium abgebrochen. Als sein Vater, der ihm nun auf die Schliche gekommen ist und sein Konto sperrt, nachfragt, was er die zwei Jahre denn gemacht habe, antwortet er: „Ich habe nachgedacht!”
OH BOY folgt Niko, wie er einen Tag und eine Nacht lang durch die Metropole driftet, verwunschene 24 Stunden, die das Prekäre seiner Existenz offenbaren. Dass er auf den morgendlichen Kaffee bei einer Freundin verzichtet, sich mit der klassischen Fluchtformel „Ich ruf dich an” davonschleicht, wird zum Menetekel einer Odyssee der Planlosigkeit, die damit endet, dass er in einem Krankenhaus immerhin einen Kaffeeautomaten mit der Taste „Schwarzer Kaffee” findet.
OH BOY schenkt Darsteller Tom Schilling eine Paraderolle, bietet eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die jeder Szene Würde verleiht. Nikos Augenblick der Erleuchtung: „Kennst du das, wenn man das Gefühl hat, dass die Menschen um einen herum irgendwie merkwürdig sind, aber wenn du länger darüber nachdenkst, wird dir klar, dass es nicht die anderen sind, sondern dass du selbst das Problem bist.”
(Rainer Gansera, Süddeutsche Zeitung)

Deutschland 2012; Regie & Buch: Jan Ole Gerster; Kamera: Philipp Kirsamer; DarstellerInnen: Tom Schilling (Niko Fischer), Marc Hosemann (Matze), Friedericke Kemptner (Julika Hoffmann), Michael Gwisdek (Friedrich) u.a.; (DCP; 1:1,85; Schwarzweiß; 82min).


  
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