DAS FRÄULEINR: Andrea Štaka Die Regisseurin Andrea Štaka portraitiert in DAS FRÄULEIN drei Frauen dreier Generationen, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihrem Heimatland (dem ehemaligen Jugoslawien) in die Schweiz emigriert sind.
Ruža kam vor knapp 25 Jahren voller Hoffnungen aus Belgrad nach Zürich. Mit Zielstrebigkeit und Ehrgeiz, aber auch unter großen Entbehrungen, hat sich Ruža eine neue Existenz aufgebaut. Sie besitzt eine Kantine, die sie mit Strenge führt. Ruža – von allen abschätzig „das Fräulein“ genannt – verdrängt sowohl ihre Herkunft, als auch ihre Gefühle der Einsamkeit. Ihre langjährige Mitarbeiterin Mila hingegen spart für die Rückkehr nach Kroatien, wenngleich sie hin- und hergerissen ist, zwischen der Schweiz und Kroatien, zwischen Entwurzelung und Hoffnung auf Heimat. Das geregelte, starre Leben in der Kantine gerät ins Wanken als die 22jährige Tramperin Ana aus Sarajevo auftaucht. Ana ist eine lebenshungrige, extrovertierte junge Frau, die ziellos umher streift. Ihre Obdachlosigkeit verschweigt sie, denn einen Mann oder ein Bett für eine Nacht findet sie immer – ein offenes Ohr für ihre Erinnerungen an den Krieg und dessen Folgen zu finden ist weitaus schwieriger.
Die verhärtete Ruža fühlt sich von der Impulsivität und Direktheit dieser jungen Frau bedroht, gleichzeitig wird sie von deren Lebensfreude angezogen. Als Ana an Ružas Geburtstag eine Überraschungsparty organisiert, ist dies der Anstoß zu Veränderungen: Ruža öffnet sich, sie tanzt zu serbischer Volksmusik, amüsiert sich und erlebt so etwas wie einen zweiten Frühling. Es bleibt aber dennoch eine gewisse Distanz bestehen: alle drei Frauen tragen einen Schmerz in sich, der aber unausgesprochen bleibt, und so wagt es Ruža nicht, sich ganz zu öffnen, und Ana hat ein Geheimnis, dem sie sich selbst nicht stellen will...
DAS FRÄULEIN besticht durch eine blickgenaue Kamera, eine Dramaturgie der kargen Dialoge und kleinen Gesten und hervorragende Schauspielerinnen: die Serbin Mirjana Karanović (zuletzt Hauptdarstellerin in GRBAVICA von Jasmila Zbanic), der kroatische Jungstar Marija Škaričić und Ljubica Jović, die für die Rolle als Mila ihren Ruhestand unterbrach (vgl. Christiane Müller-Lobeck in: epd Film). „Mirjana Karanović trägt den Film: eine ganz um Fassade bemühte Figur, die sich auf den beschwerlichen Weg zur eigenen Wärme macht. Marija Škaričić als Ana dagegen bringt ihn zum Tanzen.“ (Jan Schulz-Ojala in: Tagesspiegel)
„DAS FRÄULEIN erzählt von Entwurzelung und Sehnsucht in einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen zwischen verschiedenen Kulturen, Religionen und Ländern bewegen, sei es als Reisende, Vertriebene oder einfach Heimatlose. Jugoslawien und der Krieg stehen nicht im Vordergrund. Ohne ihre Herkunft und Geschichte aber lässt sich die Sensibilität der Figuren, ihre Art zu handeln und die Welt um sich herum zu sehen, nicht verstehen. Zugleich wollte ich auch einen Film über die Schweiz machen, über ein Land, das mich mit seiner Mischung aus Multikulturalität und Selbsteinschließung immer wieder aufs neue fasziniert. [...] Mein Interesse gilt dem Persönlichen und Intimen, den Beziehungen zwischen diesen Frauen. Die Protagonistinnen treffen aufeinander, erleben für eine kurze Zeit Nähe und trennen sich wieder. Dabei werden ihre Verletzungen und Abgründe, aber auch Wünsche und Sehnsüchte sichtbar. Politik interessiert mich in diesem Film [...] insofern, dass [als] sie durchs Prisma des Persönlichen und Intimen gebrochen aufscheint.“ (Andrea Štaka)
Die in der Schweiz aufgewachsene Regisseurin Andrea Štaka hat einen kroatischen Vater, eine bosnische Mutter, serbische Verwandte. Nach ihren beiden erfolgreichen Filmen HOTEL BELGRAD (Kurzfilm) und YUGODIVAS (Dokumentarfilm) ist DAS FRÄULEIN Štakas erster Kinospielfilm. Štaka wurde mit DAS FRÄULEIN zu zahlreichen Filmfestivals eingeladen und erhielt renommierte Auszeichnungen: Goldener Leopard, FICC Don Quijote Prize und 1st prize der Jugendjury – International Film Festival Locarno 2006; FIPRESCI Award – Internationales Filmfestival Vallodolid (Spanien) 2006; Bester Film und beste Hauptdarstellerin (Marija Škaričić) – Sarajevo Film Festival 2006; Zürcher Filmpreis 2006; Bestes Drehbuch – Schweizer Filmpreis 2007
Schweiz 2005; Regie: Andrea Štaka; Drehbuch: Andrea Štaka; Drehbuchmitarbeit: Barbara Albert, Marie Kreutzer; Kamera: Igor Martinović; Schnitt: Gion-Reto Killias; Musik: Peter von Siebenthal, Till Wyler, Daniel Jakob; DarstellerInnen: Mirjana Karanović) , Marija Škaričić (Ana), Ljubica Jović (Mila), u.a.m. (35mm; Farbe; 81min, schweizerdeutsche/deutsche/bosnische/kroatische/serbische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).
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