WACKERSDORFR: Oliver Haffner Darf eine Landesregierung ein Großprojekt gegen massiven Widerstand der Bevölkerung durchsetzen, ist dabei jedes polizeiliche Mittel erlaubt, kann sie sich auf demokratische Legitimation aus einer Landtagswahl berufen? An Originalschauplätzen im Landkreis Schwandorf gedreht, verfolgt der Film die Geburtsstunde der zivilen Widerstandsbewegung in der BRD. Ein Plädoyer für demokratische Werte und Bürgerengagement, heute so aktuell wie damals.
Die kleine oberpfälzische Gemeinde Wackersdorf in den 1980er Jahren: Der Region geht es schlecht, die Arbeitslosenzahlen steigen. Also plant die bayerische Staatsregierung (vorerst still und heimlich) den Bau einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage (WAA), die dem ganzen Landkreis einen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren soll. Auch Landrat Hans Schuierer ist von dieser Idee zunächst begeistert und wird schon bald als Retter der Region angesehen. Vereinzelte Proteste gegen das Vorhaben blendet er solange aus, bis die Staatsregierung mit aller Gewalt auf die Aktionen einer Bürgerinitiative reagiert, die gegen die WAA gegründet wurde. Nun kommen Schuierer langsam Zweifel: Ist die Anlage wirklich so harmlos wie behauptet? Und er beginnt, Nachforschungen anzustellen.
Historischer Hintergrund des Films: Polizei und Demonstranten (die der damalige bayrische Ministerpräsident Franz Josef Strauß gern als „autonome Chaoten” bezeichnet hat), lieferten sich in Wackersdorf zeitweise bürgerkriegsähnliche Schlachten mit vielen Verletzten und sogar Todesopfern. Nach der anfänglichen Zuversicht auf wirtschaftlichen Aufschwung durch die WAA in der Region kippt die Stimmung in der Oberpfalz und die Proteste weiten sich aus. Pastoren und CSU-Kommunalpolitiker wenden sich ab, Polizisten treten aus dem Polizeidienst aus. Sie distanzieren sich nicht von den „angereisten Chaoten“, sondern von der Staatsmacht. Heute hat die CSU die Region Oberpfalz wieder fest im Griff. Doch ohne Wackersdorf und dessen Scheitern gäbe es keinen Atomausstieg Deutschlands.
(nach: tagespiegel.de; filmfest-muenchen.de; alamodefilm.de)
– Publikumspreis Filmfest München
Deutschland 2018; Regie: Oliver Haffner; Buch: Gernot Krää & Oliver Haffner; Kamera: Kaspar Kaven; Musik: Hochzeitskapelle; DarstellerInnen: Johannes Zeiler (Hans Schuierer), Anna Maria Sturm (Monika), Peter Jordan (Bössenecker), Frederic Linkemann (Staatsekretär), Sigi Zimmerschied (Umweltminister) u.a.; (DCP; Farbe; 123min).
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