WESTERNR: Valeska Grisebach Der Western sei ein Sehnsuchtsraum, der sich mit Männerkörpern, Landschaft und Gewalt fülle, hat der Schweizer Regisseur Jean-Luc Godard einmal gesagt. In dem neuen Film der Regisseurin Valeska Grisebach repariert ein deutscher Bauarbeiter in einem bulgarischen Fluss einen liegen gebliebenen Bagger – und hat dabei etwas von einem modernen Cowboy. Er und seine Kollegen tragen statt Pistolen ihre Werkzeuge am Gürtel. Die abgewetzte Lederweste des Vorarbeiters könnte auch einem Goldsucher gehören. Grisebach verlagert einen uramerikanischen Mythos in die Gebirge der bulgarischen Provinz.
Meinhard, heißt der schweigsame Held mit sächsischem Einschlag. Der hochgewachsene hagere Mann mit den markanten Zügen und dem Schnurrbart will auf Montage in Bulgarien Geld verdienen. Was man in ein paar Dialogbrocken über ihn erfährt, reicht für die Aura des einsamen Wolfs.
Natürlich braucht ein richtiger Western auch ein Duell. Meinhard und der Vorarbeiter Vincent tragen ihren Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeit einer jungen Frau aus dem Dorf zunächst mit mehr oder weniger verstohlenen Blicken aus. Und dann buchstäblich auf dem Rücken eines Pferdes.
Wie beiläufig sucht Valeska Grisebach die Spuren eines romantischen Männerbildes und befragt es zugleich. Sie zeigt die Truppe der Bauarbeiter als frauenlose Gesellschaft, in der die Frau als Fantasie, Zotenfigur, Begehrensbild gleichwohl überpräsent ist. Dass man die existenzielle Einsamkeit dieser Männer genauso physisch zu spüren meint wie die drückende Hitze über dem Tal oder die Kälte der im Fluss gekühlten Bierdosen, liegt an der besonderen Ästhetik und Machart der Geschichte. (aus: zeit.de)
Deutschland/Bulgarien 2017; Regie & Buch: Valeska Grisebach; Kamera: Bernhard Keller; DarstellerInnen: Meinhard Neumann (Meinhard), Reinhardt Wetrek (Vincent), Syuleyman Alilov Letifov (Adrian), Veneta Frangova (Veneta), Vyara Borisova (Vyara) u.a.; (DCP; 121min; deutsch-englisch-bulgarische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).
| |
|