LAMPEDUSA IM WINTERR: Jakob Brossmann Die italienische Insel, 110 Kilometer vor der tunesischen Küste gelegen und häufig das erste Ziel für afrikanische Flüchtlinge, die Europa erreichen wollen, ist im Winter ein besonders tristes Terrain. Die Dokumentation zeigt in hoher Verdichtung eine klaustrophobische Situation in einer kontaminierten geopolitischen Zone: Die Einwohner von Lampedusa sind überfordert vom permanenten Andrang und von einer allgemeinen Mangelsituation, die Asylsuchenden wiederum kämpfen verzweifelt um ihr Recht und ihre Würde.
Gleich zu Beginn des Films scheint es wieder soweit: Nach einem nächtlichen Notruf von einem leckgeschlagenen Boot mit 300 Menschen an Bord kreuzt die Küstenwache einen Tag und eine Nacht vor Lampedusa – ohne eine Spur zu finden. Später untersucht die Sozialarbeiterin Paola ein angeschwemmtes Wrack und sammelt Habseligkeiten ein – hier ein Tagebuch, da ein Babyfläschchen. Vieles kommt in ein eigenes Museum, das auf reges Interesse der Medien stößt – mehr als die Flüchtlinge selber.
„Wir sind die einzigen, die um sie trauern”, sagt Bürgermeisterin Giusi Nicolini, die sich verzweifelt um EU-Unterstützung bemüht. Das ist nicht ihr einziges Problem: Die Fähre, die die Insel mit Sizilien verbindet, ist abgebrannt. Und die neue ist älter als die alte. Nur drei Lastwagen fasst sie, zu wenig, um neben dem Abfall auch den Fang der örtlichen Fischer nach Sizilien zu transportieren. Also streiken die Fischer und hindern die Fähre am Einlaufen. Gleichzeitig fordern 25 Flüchtlinge, die seit drei Monaten auf Lampedusa festsitzen, ihren Weitertransport. (nach: viennale.at; kleinezeitung.at; unimag.at)
Jakob Brossmann: „Man muss eine Form der Solidarität finden, die uns EuropäerInnen und die Ankommenden in einem Bild vereint. Es ist ein Film darüber, wie die Ränder Europas mit den Problemen alleine gelassen werden – und darüber, wie gelebte Solidarität und menschliche Begegnung eine Antwort darauf sein könnten.” Österreich/Italien/CH 2015; Regie: Jakob Brossmann; Kamera: Serafin Spitzer, Christian Flatzek; Schnitt: Nela Märki; Ton: Maximilian Liebich, Axel Traun, Jakob Brossmann; (DCP; 1:1,85; Farbe; 93min; italienische ORIGINALFASSUNG MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN).
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